Anders Breivik-Wie gefährlich ist dieser Täter-Typus? Drucken
Dienstag, den 26. Juli 2011 um 11:32 Uhr

er gibt der Polizei Rätsel auf. Vermutlich war er ein Einzeltäter, der keiner organisierten Zelle angehört. Doch diese Menschen sind für offene Gesellschaften wie Norwegen und Deutschland besonders gefährlich!

Anders Breivik (32) stellte Kommentare auf christlich-fundamentalistische Websites, vertrat islamfeindliche Ansichten und sprach sich gegen eine multikulturelle Gesellschaft aus. Eine Zeit lang war der Breivik Mitglied der Jugendgruppe der rechtspopulistischen norwegischen Fortschrittspartei. Doch kaum etwas deutete darauf hin, dass der der Schießerei und des Bombenattentats in Norwegen Verdächtige mehr als 90 Menschen töten würde.

„Breivik fällt aus dem Rahmen des bisher bekannten terroristischen Profils heraus,“ sagt Rolf Tophoven, Leiter des Essener Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik zu BILD.de. Er ist der Typ einsamer Wolf, „paranoid und von Hass zerfressen“.

„Offene Gesellschaften sind gegenüber Einzeltätern, die sich im stillen Kämmerlein radikalisieren, machtlos“, so Tophoven. „Diese Extremisten nutzen die Weichteile der offenen Gesellschaft aus.“

Für die Behörden ist dieser Täter-Typus ein Albtraum!

Dem norwegischen Geheimdienst war Breivik nicht bekannt. Verbindungen zur rechtsextremen Szene hat der Täter nach ersten Erkenntnissen keine. „Er kam aus dem Nichts“, sagte ein norwegischer Polizist.

Neun Jahre lang plante er einen Massenmord und schrieb darüber ein wirres, ideologisches Manifest – er habe Europa retten wollen.

Darin erklärt er demnach, dass es an der Zeit sei, bewaffneten Widerstand gegen die „marxistisch-mulitkulturalistischen Regimes in Westeuropa“ zu leisten. Seine Ansichten und Pläne habe er vor seinen Freunden geheim gehalten. In dem Schriftstück, in dem er sich unter anderem selbst interviewt, bezeichnet er sich als Tempelritter.

Tophoven: „Amokläufer wie er fühlen sich als Vollstrecker ihrer Ideologie und als Gewaltherrscher über Ohnmächtige.“ Während der Tat ist er ein kalt vorgehendes, emotionsloses Wesen ohne Mitgefühl. Breivik jubelte nach jeden Schuss, mit dem er die Jugendlichen auf der Insel Utøya tötete – er kostete seine Macht aus.

War es denn ein Amoklauf?

Tophoven betitelt ihn als Amokläufer, einer der besonders perfiden Sorte: „Der Grund, weshalb er sich nicht wie ein Islamist in die Luft gesprengt hat, ist, dass er den Schock über seine Tat miterleben wollte“, so der Terrorexperte. „ Er genießt den Triumph. Deshalb hat er sich hinterher auch nicht umgebracht.“

Für außergewöhnlich hält er die Kombination mit dem vorher verübten Sprengstoff-Anschlag in Oslo. Dafür müsse Breivik zuvor große Terror-Anschläge genauestens studiert und sie in diesen Dimensionen imitiert haben.

Ein Einzeltäter betreibt quasi einen „führerlosen Widerstand“, wie der Berliner „Tagesspiegel“ schreibt und beruft sich dabei auf das Strategie-Papier der rechtsmilitanten Gruppierung „Blood & Honour“. Weiter steht darin: „In Norwegen gab es bereits in den 70er- und 80er-Jahren sehr blutige Ansätze einsamer NS-Wölfe.“ Die Organisation wurde im Jahr 2000 in Deutschland verboten.

Kann so ein Massaker wie in Norwegen auch in Deutschland geschehen?

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagt dazu in der BILD am Sonntag: „Eine offene Gesellschaft ist immer verwundbar. Aber wir haben ein ganzes Netz an Sicherheitsmaßnahmen, das bisher Schlimmeres verhindert hat. Wir werden alles dafür tun, damit dies auch so bleibt. Der konkrete Fall in Norwegen weist nach derzeitigem Kenntnisstand keine Bezüge nach Deutschland auf.“

Terrorexperte Tophoven bilanziert das etwas nüchterner und meint, wenn die Sicherheitsexperten diese Täter zuvor nicht auf dem Schirm haben, weil sie einer organisierten Zelle angehören, gibt es keine Chance, eine solche Tat zu verhindern. „Mit diesem Risiko müssen wir leben.“

 

Quelle.BILD.DE

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 26. Juli 2011 um 12:28 Uhr