Tod eines Terroristen Drucken
Montag, den 02. Mai 2011 um 23:57 Uhr

 

Bin Ladens letzte Minuten

Wie genau starb Osama Bin Laden? Die Informationen zum Tod des Qaida-Chefs sind bisher spärlich, widersprüchlich - klar aber ist, dass er sich den US-Elitesoldaten mit Waffengewalt widersetzte. Die geringe Bewachung könnte darauf hindeuten, dass sich der Terrorchef sehr sicher fühlte.

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Hamburg - Die Operation beginnt auf der Ghazi Air Base in Pakistan. Von dort aus fliegen drei oder vier Apache-Hubschrauber nach Abbottabad, zu Bin Ladens Versteck. An Bord der Maschinen: Elitesoldaten vom "Team Six" der Navy Seals, angereist aus Afghanistan, wohl von den Stützpunkten Jalalabad oder Bagram.

Team Six hat nach Angaben des Magazins "National Journal" einen geradezu mythischen Ruf. Offizieller Name der Einheit: Naval Special Warfare Development Group. Seit April haben die Männer für den Einsatz trainiert, so das Magazin. Sie unterstehen laut "Guardian" direkt dem CIA-Chef Leon Panetta, dem Präsident Barack Obama die Kommandogewalt für diese Operation übertragen hat.

Über die Anzahl der Soldaten gibt es stark schwankende Angaben. Associated Press (AP) nennt zwei Dutzend und beruft sich auf einen mit der Aktion vertrauten Insider. Die "New York Times" berichtet dagegen, insgesamt hätten 79 Soldaten an der Aktion teilgenommen.

Das Ziel der Elitekämpfer, Bin Ladens Anwesen, wird von Anwohnern als luxuriös "mit einer zweistöckigen Villa" beschrieben. Sie steht auf einem großen Grundstück. Möglicherweise wurde das Haus eigens für Bin Laden gebaut, mutmaßen Geheimdienstler. Das Anwesen sei "maßgeschneidert dafür gewesen, eine wichtige Person zu verstecken", sagt ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter der Obama-Regierung. Es liegt in einer Gegend mit kleineren Häusern, Geschäften und staubigen Straßen.

 


Die Schutzvorkehrungen sind enorm. Es gibt wenige Fenster, bis zu fünfeinhalb Meter hohe Mauern mit Stacheldraht umgeben das Anwesen, berichtet SPIEGEL-ONLINE-Korrespondent Hasnain Kazim. Zugang gibt es nur durch zwei bewachte Tore. Auch innerhalb des Anwesens gibt es Mauern, die verschiedene Bereiche des Grundstücks voneinander trennen. Eine Terrasse ist mit einer mehr als zwei Meter hohen Sichtschutzmauer versehen, schreibt der "Guardian".

Bin Laden schießt auf US-Soldaten

Die US-Soldaten schlagen in der Nacht gegen 1.30 Uhr Ortszeit zu. Mit Nachtsichtgeräten ausgestattet seilen sie sich innerhalb der Mauern des Anwesens ab. Michael Scheuer, Gründer und Leiter der 2004 aufgelösten Bin-Laden-Einheit des amerikanischen Geheimdienstes CIA, sagte dem "Guardian", er sei nicht von der Art des Verstecks überrascht gewesen. Ein großzügiges Anwesen in städtischer Umgebung sei der bevorzugte Unterschlupf von Qaida-Größen gewesen. "Diese Hollywood-Version vom Rennen von Fels zu Fels und Höhle zu Höhle ist Unsinn. Man ist am verwundbarsten, wenn man sich bewegt."

Überrascht ist Scheuer dagegen "von der geringen Bewachung". Das deute für ihn darauf hin, dass Bin Laden sich ziemlich sicher gefühlt habe. Als die Leute des Terrorchefs den Angriff bemerken, eröffnen sie vom Dach aus das Feuer auf die Soldaten. Die US-Truppen schießen zurück und dringen in das Gebäude ein.

Bin Laden will sich nicht kampflos geschlagen geben. Ein mit der Operation vertrauter US-Offizieller sagt, Bin Laden habe auf die US-Soldaten geschossen. Er sei dann vom Sperrfeuer der Spezialkräfte getroffen worden. Nach Informationen des US-Nachrichtensenders CNN starb der 54-Jährige durch einen Kopfschuss. Laut "National Journal" stirbt er durch zwei Schüsse in seine linke Gesichtshälfte. Bin Laden sei gegen Ende des vierzigminütigen Gefechts getötet worden, berichtete die "New York Times".

Die US-Spezialtruppen hätten den Terroristenführer nach neueren Angaben des Weißen Hauses lebend gefangen genommen, wenn es dazu eine Möglichkeit gegeben hätte. John Brennan, Anti-Terror-Berater von US-Präsident Barack Obama, sagt am Montag in Washington, die Einsatzkräfte hätten mit Widerstand Bin Ladens gerechnet, es habe aber auch eine "entfernte Möglichkeit" gegeben, ihn lebend zu ergreifen. Da Bin Laden gekämpft habe, sei er getötet worden. Zunächst war immer davon die Rede gewesen, es habe sich bei dem Einsatz um eine "Kill Mission" gehandelt. Das Weiße Haus hat im Tagesverlauf hier offenbar seine Sprachregelung korrigiert - vielleicht auch, um völkerrechtliche Kritik an der Aktion zumindest teilweise zu entkräften.

Bei der Kommandoaktion werden neben Bin Laden drei weitere Männer und eine Frau getötet. Bei den Männern handelt es sich offenbar um einen Sohn Bin Ladens sowie zwei Boten. Die Frau war offenbar eine Ehefrau Bin Ladens. Die Lage ihres Körpers deute darauf hin, dass sie von Bin Laden oder seinem Sohn "als menschlicher Schutzschild benutzt wurde", sagt Brennan. Zwei weitere Frauen werden in dem Gefecht verletzt. In US-Medien hieß es, Bin Laden habe sich "hinter einer Frau verschanzt".

US-Soldaten kommen bei dem Einsatz nicht ums Leben. Nach Angaben der "New York Times" stellen die Kämpfer zahlreiche Dokumente sicher. Diese wertet nun die CIA aus.

Ganz nach Plan verläuft der Einsatz aber nicht: Einer der Helikopter fällt wegen einer "mechanischen Panne" beim Anflug aus. Die Soldaten zerstören ihn, bevor sie in den anderen Hubschraubern entschweben.

ulz/dpa/dapd/Reuters/AP/Spiegel online

Zuletzt aktualisiert am Dienstag, den 03. Mai 2011 um 00:07 Uhr