Deutschland als "wenig Korrupt" PDF Drucken E-Mail
Donnerstag, den 05. Januar 2012 um 14:43 Uhr

Offenbarungseid: Der Bundespräsident entschuldigt sich vor laufender Kamera und drängt sich in die Opferrolle. Das Urteil der Medien auf den Fernsehauftritt von Christian Wulff fällt eindeutig aus.

Wulff soll «Bild» mit Krieg gedroht haben

Mit drastischen Worten soll sich Christian Wulff nach Berichten der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und der Süddeutschen Zeitung (SZ) an den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann gewandt haben. Unter anderem habe er einen «endgültigen Bruch» mit dem Springer-Verlag angekündigt, falls diese «unglaubliche» Geschichte tatsächlich erscheine.

Nach SZ-Informationenklingelte am 12. Dezember das Telefon bei Diekmann, also just am Tag, bevor Bild erstmals über den Privatkredit aus dem Hause Geerkens schrieb. Dran war der Bundespräsident, direkt aus Kuwait. Er erreichte den Chefredakteur aber nicht, weil dieser in New York weilte. Deshalb reagierte sich Christian Wulff auf der Mailbox ab. Ausdrücke wie «der Rubikon ist überschritten» und «Krieg führen» fielen dabei laut SZ-Bericht.

 

Wulff betont Bedeutung der Pressefreiheit

Der Bundespräsident hat nun reagiert - allerdings wieder einmal nicht persönlich. «Die Presse- und Rundfunkfreiheit ist für den Bundespräsidenten ein hohes Gut. Er hat deshalb zu den Krediten für sein Eigenheim und zu Urlaubsaufenthalten Transparenz hergestellt, Erklärungen abgegeben und mehrere Hundert Medienanfragen beantwortet. Über Vieraugengespräche und Telefonate gibt der Bundespräsident aber grundsätzlich keine Auskunft», teilte das Bundespräsidialamt auf Anfrage mit.

Auch der Springer-Verlag äußerte sich nicht offiziell nicht zu dem Vorgang. Bild zumindest ließ sich damals von der Veröffentlichung der Recherchen nicht abbringen, wonach der damalige niedersächsische Ministerpräsident Wulff 500.000 Euro bei den Geerkens geliehen hatte. Über die versuchte Einflussnahme des Bundespräsidenten im Dezember berichtete das Blatt nicht. Laut SZ bedauerte Wulff in einem weiteren Anruf bei Diekmann seine früheren Äußerungen. Der «Bild»-Chefredakteur habe die Sache daraufhin für erledigt erklärt.

Der Deutsche Journalisten-Verband DJV kritisierte das Verhalten Wulffs. «Prominente müssen sich kritische Berichterstattung als Teil der Meinungsfreiheit gefallen lassen», sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. «Das müsste niemand besser wissen als der erste Mann im Staat.» Der Bundespräsident habe nicht nur gesetzlich geregelte Aufgaben und Pflichten, ihm komme als Staatsoberhaupt auch eine Vorbildfunktion zu. Wulffs Vorgehen gegen Bild sei nicht vereinbar mit seiner Erklärung vom 22. Dezember, in der er die Bedeutung der Pressefreiheit ausdrücklich hervorgehoben habe.

Wulff war an wohlgesonnene Springer-Presse gewohnt

Wie die Süddeutsche weiter schreibt, wusste Wulff, dass Medien seit Monaten Hinweisen auf die Finanzierung des Einfamilienhauses in Burgwedel bei Hannover nachgingen. Immerhin habe es einen Rechtsstreit durch alle Instanzen zur Einsicht für Journalisten ins entsprechende Blatt des Grundbuchamts gegeben.

Als niedersächsischer CDU-Ministerpräsident sei Wulff einen positiveren Umgang der Springer-Medien mit ihm gewohnt gewesen, daher habe ihn die Bild-Veröffentlichung geschockt. Laut SZ kühlte das Verhältnis allerdings schon im Präsidentenwahlkampf ab, als die Springer-Presse Sympathien für den rot-grünen Gegenkandidaten Joachim Gauck zeigte.

Neue Spekulationen über Kontakte zur BW-Bank

Wulff kam wegen der Finanzierung seines Eigenheims auch über die Feiertage nicht aus den Schlagzeilen heraus. Neben den Unklarheiten über die Abläufe der Kreditvergabe tauchten zuletzt Spekulationen über die Verbindung Wulffs zur BW-Bank auf, die den Geerkens-Kredit ablöste.

Wulff und die Bank wiesen einen Spiegel-Bericht zurück, wonach es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen dem Privatkredit und dem Einstieg von VW bei Porsche gegeben habe. Das Magazin schlussfolgerte, Wulff habe die guten Konditionen von der BW-Bank als «Dankeschön» dafür erhalten, dass er 2009 als niedersächsischer Ministerpräsident gemeinsam mit VW die Nobelmarke Porsche gerettet - und damit auch der Bank geholfen habe. Banksprecher Manfred Rube bezeichnete dies als «absoluten Blödsinn».

Quelle: dpa/news.de

Bild : dapd

Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 05. Januar 2012 um 15:35 Uhr
 

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